„So‘ ne Schwester Agnes wäre wirklich hilfreich“

Unter der Überschrift „Ärztemangel im Landkreis Görlitz – was können „Gemeindeschwestern“ erzählen“  fanden am 31. März 2014 zwei Veranstaltungen des Kommunalpolitischen Forum Sachsen e.V. in Löbau und in Zittau statt.

Zu Beginn las der freie Journalist und Kreisrat der LINKEN Jens Thöricht aus dem Buch „Gemeindeschwestern  erzählen“ von Marion Heinrich eine kurze Passage vor. Schon nach wenigen Zeilen flüsterten die Anwesende, dass sich scheinbar wenig geändert hat – es droht eine ärztliche Unterversorgung im ländlichen Raum. Thöricht untermauerte diese Vermutung mit erschreckenden Zahlen, die er auf eine Anfrage an den Landkreis im Februar 2014 erhalten hat. 240 praktizierende Ärzte und Psychotherapeuten im Landkreis Görlitz sind zwischen dem 50. und 65. Lebensjahr. 34 Ärzte haben das 65. Lebensjahr überschritten, 109 Ärzte sind unter 50 Jahre alt.

vlnr.: MdL Gläß, MdL Lauterbach, Kreisrat Thöricht

vlnr.: MdL Gläß, MdL Lauterbach, Kreisrat Thöricht

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion in Sachsen Kerstin Lauterbach informierte, dass sachsenweit derzeit 700 Ärzte fehlen. Sie favorisiert energisch das Modell „Agnes“. Allerdings hat dies wenig mit der nach wie vor bekannten Gemeindeschwester Agnes Kraus zu tun. Heut steht AGNES für „Arztentlastende, Gemeindenahe, E-Health-gestützte, Systemische Intervention“. Ein solches Modell kann in Regionen, in denen eine Unterversorgung herrscht oder diese droht eingeführt werden, so Lauterbach.

Heiderose Gläß, Löbauer Landtagsabgeordnete der LINKEN, machte in ihren Ausführungen jedoch deutlich, dass im ehemaligen Landkreis Löbau-Zittau derzeit nur Hausärzte gesucht würden. Diese gehe aus einen großen Anfrage der LINKEN im Sächsischen Landtag hervor und beruht auf Antworten der Kassenärztlichen Vereinigung (KVS).

„Es fehlt der Flächenfaktor in den Statistiken und Berechnungen der KVS“, so Lauterbach. Zwar wurde ein Demographiefaktor eingeführt, die Fläche der Landkreise bleibt jedoch nach wie vor unberücksichtigt. Oftmals sind weite Entfernungen zum nächsten Arzt für ältere Menschen, gerade  auch aufgrund der Ausdünnung des öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), ein Problem.

Der Landkreis Görlitz hat eine dezentrale, wohnortnahe ambulante Versorgung als Ziel formuliert. Damit dieses Realität werden kann, hilft nur Druck auf die KVS. Wer also keinen Arzt findet, oder in Praxen abgewiesen wird, sollte das Servicetelefon der KVS, Nummer 0341-23493711 anrufen, und sich dort Hilfe einfordern. Eine Beschreibung der Situation vor Ort kann auch die dort Mitarbeitenden zum Umdenken bewegen. Ein Versuch ist es wert. Politisch Handelnden auf Landes- und Kreisebene haben wenig Einflussmöglichkeiten. Deshalb sollten alle zur Verfügung stehenden Mittel, über Parteigrenzen hinweg für eine Verbesserung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum genutzt werden. „Frau Lauterbach, da haben Sie ein wahres Wort gesprochen“, pflichtete ein Vertreter des Kreisseniorenrates den Ausführungen der gesundheitspolitischen Sprecherin der LINKEM im Sächsischen Landtag bei.

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