Der Tamara Bunke – Verein für internationale Jugendverständigung e.V. aus Zittau organisierte für den Zeitraum vom 10. bis zum 14. April 2012 eine antifaschistische Bildungsreise nach Dänemark.
21 Menschen aus ganz Sachsen nahmen daran teil. Die Teilnehmenden waren ganz unterschiedlich, jung und alt, vom Sozialarbeiter über die Landtagsabgeordnete bis zur Arbeitssuchenden. Einige waren Mitglieder der LINKEN, andere engagieren sich in Vereinen und in antifaschistischen Gruppen.
Am 10. April 2012 starteten drei Kleinbusse zur ersten Zwischenstation auf der Reise, nach Heideruh. Das Wohn- und Ferienheim „Heideruh“ liegt in der norddeutschen Stadt Buchholz in der Nordheide. (Bild 1)
Nach der siebenstündigen Autofahrt wurden wir herzlich von der Geschäftsführerin Bea Trampenau empfangen. Die Gelegenheit, dass sich die Mitreisenden einander vorstellen und ihre Erwartungen formulieren, wurde anschließend wahrgenommen.
Nach dem Abendessen informierte uns Prof. Dr. Phil. Oliver Rump über die Geschichte der antifaschistischen Erholungsstätte. (Bild 2) „Heideruh“, 1945 von Antifaschistinnen und Antifaschisten gegründet, war und ist eine Erholungsstätte für Kameradinnen und Kameraden, die sich nach den grausamen Jahren der faschistischen Diktatur ein Heim geschaffen haben, in dem sie Erholung suchen und Kraft schöpfen können für ihre Arbeit für eine gerechtere Gesellschaft. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Unendlich viel Arbeit wurde in den Jahren nach 1945 geleistet, um „Heideruh“ zu dem zu gestalten wie es heute ist. Dabei ist hervorzuheben, dass unsere Helferinnen und Helfer ehrenamtlich tätig sind.
In Erinnerung wird uns das Gedicht „Die Glocke von Heideruh“ geschrieben von Emil Heitmann bleiben. (Bild 2_1)
Nach dem Frühstück starteten wir am nächsten Tag unsere Weiterfahrt in Richtung Kopenhagen. Dabei legten wir einen Halt in Frøslevlejren, kurz hinter der deutsch-dänischen Grenze ein. In dem Ort befand sich ab 1944 ein Internierungslager für dänische Gefangene der Faschisten. Die damals offizielle deutsche Bezeichnung lautete „Polizeigefangenenlager Fröslee“. (Bild 3, 4, 5)
Der Departementchef im Außenministerium, Nils Svenningsen, konnte in Verhandlungen mit der deutschen Besatzungsmacht im März 1944 erreichen, dass in Frøslev ein Internierungslager für dänische Gefangene von Gestapo und SS eingerichtet wurde. Im Gegenzug versprachen die Deutschen, auf Deportationen in deutsche Konzentrationslager zu verzichten.
Das noch nicht ganz fertig gebaute Lager wurde am 13. August 1944 in Betrieb genommen und war im Endzustand gedacht für etwa 1.500 Gefangene. Im April 1945 waren dort jedoch ungefähr 5.500 Personen untergebracht. Der Betrieb wurde von Dänemark organisiert, ging jedoch bald in deutsche Verwaltung über. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Arzneimitteln wurde durch dänische Stellen, so gut es in Kriegszeiten möglich war, sichergestellt, so dass im Gegensatz zu deutschen Konzentrationslagern nicht die Gefahr von Unterernährung oder fehlender medizinischer Versorgung bestand. Zwangsarbeit musste gleichwohl verrichtet werden.
Die Besatzungsmacht hielt sich jedoch nicht an die eindeutigen Absprachen. Von den etwa 12.000 Gefangenen, die das Lager durchlaufen haben, wurden circa 1.625 in deutsche Konzentrationslager überführt, zum Beispiel nach Neuengamme. Von den nach Deutschland Deportierten wurden 220 Personen ermordet. Eine große Tafel im Museum enthält heute die Namen aller dieser Personen. (Bild 6)
Bei dem Rücktransport skandinavischer KZ-Häftlinge im Rahmen der Rettungsaktion der Weißen Busse des Grafen Folke Bernadotte 1945 gab es in Frøslev einen Zwischenstopp.
Das Lager Frøslev ist heute ein offizieller dänischer Gedächtnispark für das Andenken an die Gefangenen aus Frøslev, die ihren Aufenthalt im KZ nicht überlebten. Ein Gedenkstein in der Mitte des ehemaligen Lagers erinnert daran. (Bild 7)
Nach dem Besuch des Internierungslagers setzten wir unsere Fahrt nach Kopenhagen über Odense fort. Am zeitigen Abend kamen wir in unserer Unterkunft, dem Copenhagen Downtown Hotel, an. Den Abend nutzten wir um die Stadt zu erkunden.
Am 12. April 2012 besuchten wir das Museum des Widerstandskampfs des 2. Weltkrieges.
Vor dem Museum steht ein Panzerwagen. Dieser wurde von Widerstandskämpfern in der Werkstatt der Eisenbahn in Frederiksvaerk. Nordseeland hergestellt. Am 5. Mai 1945 kam er in einer Aktion gegen faschistische Gruppen zum Einsatz. (Bild 8)
In dem Museum wird die Geschichte des dänischen Widerstands von 1940 bis 1945 erläutert. Der Widerstand druckte illegale Flugblätter und Zeitungen auf geheimen Pressen (Bild 9), verübte Anschläge auf die Eisenbahnlinien und Fabriken. Dank englischer Unterstützung mit Waffen (Bild 10) konnten Informanten der Faschisten liquidiert und Polizeistationen angegriffen werden. Auf geheimen Routen organisierte der Widerstand die Rettung von Jüdinnen und Juden.
Im Churchillparken vor dem Museum erinnert ein Gedenkstein an den mutigen Einsatz der dänischen Kommunisten im Kampf gegen die Faschisten. (Bild 11)
Nachdem wir die Sonnenstrahlen am Mittag genossen hatten, stand der Besuch der „Enhedslisten – De rød-grønne (EL), (dän. für Einheitsliste)“ und des Projektes „Demos“ auf dem Programm.
Die Einheitsliste – Die Rot-Grünen, ist eine grüne, sozialistische Partei in Dänemark. Nach dem deutlichen Erfolg bei der Folketingswahl 2011 zählt die EL zur parlamentarischen Grundlage der Regierung Thorning-Schmidt. Die Parteispitze wirbt aktuell für eine strategische Neuausrichtung von der resoluten Protest- zu einer pragmatischen „Einflusspartei”. Fraktionschef Clausen betonte, die Kernthemen blieben dabei unverändert: Beschäftigung, Lebensbedingungen der normalen Menschen, eine nachhaltige Klima- und Umweltpolitik. Die EL betrachte sich als Basis der Mitte-links-Regierung, verstehe sich aber gleichzeitig als Alternative zu ihr. Die sozialistische Entwicklung der Gesellschaft, eine Demokratisierung und Kollektivierung des Wirtschaftslebens bleibt übergeordnetes Ziel der EL.
Danach machte uns eine engagierte Frau (der Name ist uns leider entfallen), die im „Nordischen Rat“ und im dänischen Parlament als Abgeordnete die Enhedslisten vertrat, bei dem Treffen die Politik der Partei deutlich. (Bild 12) Ihre Politik erkennt die Probleme der Menschen, macht die Antworten aber nicht an dem Konstrukt der Nationen fest, sondern anhand der Klassenfrage. Ein Beispiel führte Sie ins Feld: „Es kann ein Problem für Dänen sein, dass polnische Menschen für einen niedrigeren Lohn als die Dänen arbeiten. Aber, dass ist der Unterschied zu den anderen Parteien, sind nicht die Polen an den Niedriglöhnen Schuld, sondern die Kapitalisten, den es nur um den Profit geht. Die Linke in Europa muss nach ihrer Ansicht sehr präzise und deutlich sein. Nach unserer Ansicht ist dies die Enhedslisten.
Ein halbstündiger Spaziergang brachte uns Anschließend zu dem Projekt „Demos“. (Bild 13) Der Verein besteht seit 1969 und beschäftigt sich hauptsächlich mit antirassistischer Arbeit. Historisch gesehen gibt es in Dänemark wenige Faschisten, sondern eher Rassisten. So wird zum Beispiel die dänische Volkspartei, die auch im dänischen Parlament vertreten ist, vom Projekt „Demos“ als rassistische Partei eingeschätzt.
Im Gegensatz zu Deutschland setzt das Projekt nicht auf staatliche Verbote, diese gibt es nicht in Dänemark, sondern eher auf eine widerständige Gesellschaft. Dass dies Erfolg haben kann, zeigt die Verhinderung einer antimuslimischen Kundgebung in Aarhust vor Kurzem.
Am Abend konnten wir weiter die Stadt erkunden. (Bild 14)
Am letzten Tag in Kopenhagen konnten wir eine von der Enhedslisten organisierte Stadtführung erleben. Interessante Orte, die nicht auf dem normalen touristischen stehenden Programm stehen, wurden uns gezeigt. So entdeckten wir einen Anker, der an die mehr als 2.300 dänische Seeleute erinnert, die im 2. Weltkrieg ihr Leben verloren. (Bild 15) Ebenfalls entdeckten wir eine Tafel im Kopenhagener Zentrum, die an Mitglieder der Widerstandsgruppe um Holger Danske erinnert, die am 26. Februar 1945 von der Gestapo erschossen wurden. (Bild 16)
Die Stadtführung endete in der Fristad Christiania. Das freie Christiana oder kurz Christiania genannt, ist eine alternative Wohnsiedlung in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen, die seit 1971 besteht. Die Bewohner betrachten sich selbst als in einer Freistadt lebend, die sich unabhängig von den staatlichen Behörden verwaltet. Basisdemokratisch und auf Konsens hin ausgerichtet, setzt man auf Selbstregulierung. Eine Polizei gibt es nicht, verschiedene Formen von Versammlungen intervenieren im Bedarfsfall und können als Strafe den Ausschluss aus der Gemeinschaft beschließen.
Am 14. April 2012 traten wir über den Fährhafen Gedser die Rückfahrt nach Sachsen an. Am Abend waren wir zurück und blickten auf eine spannende antifaschistische Bildungsreise zurück.
An dieser Stelle bedanken wir uns recht herzlich bei denen, die diese Reise durch Spenden erst ermöglicht haben.
Unser Dank geht besonders an:
Erich Später, DIE LINKE im Europa Parlament, Fraktion DIE LINKE im Landtag Sachsen, Linksjugend [’solid] Sachsen, Die Fraktion der LINKEN im Kreistag Görlitz, Verein der Bundestagsfraktion
DIE LINKE e.V., MdL Kerstin Köditz, MdL Freya-Maria Klinger, MdL Heiderose Gläß und den Organisator der Reise Jens Thöricht