Mietentwicklung im ländlichen Raum – wird die kommunale Wohnungsverwaltung ihrem sozialen Auftrag noch gerecht?
Grundmiete gleichbleibend, Nebenkosten steigen, Bruttomiete zu hoch. Mietentwicklung im ländlichen Raum – wird die kommunale Wohnungsverwaltung ihrem sozialen Auftrag noch gerecht?
Zu diesem Thema hatte das Kommunalpolitische Forum Sachsen e.V. alle Interessierten am 29. Oktober 2014 in den Infoladen Zittau eingeladen.
Jens Thöricht, der unter anderem als Richter am Sozialgericht Dresden tätig ist, informierte die Anwesenden in seinem Eingangsstatement, dass der Landkreis Görlitz zu den sächsischen Regionen, in denen der Arbeitslohn[1] am geringsten und die Sozialausgaben am höchsten sind, zählt. Wie im letzten Jahr wurde unlängst eine Haushaltssperre verhängt.[2]
Aussagekräftiger für die Mietentwicklung im ländlichen Raum am Beispiel des Landkreises Görlitz ist die Mietbelastungsquote, da sie die Bruttokaltmiete ins Verhältnis zum Haushaltsnettoeinkommen setzt. Sachsen hat mit einer durchschnittlichen Mietbelastungsquote von 20,5 % die mit Abstand geringste Quote aller Länder. Selbst die Landeshauptstadt Dresden liegt mit einer Quote von 21,3 % noch unter dem Bundesdurchschnitt von 22,5 %.
Haushalte mit niedrigem Einkommen
Die Mietbelastungsquote von Haushalten mit niedrigem Nettoeinkommen (unter 900 Euro pro Monat) liegt in den neuen Ländern (inkl. Berlin) mit 19,5 % deutlich niedriger als in den alten Ländern mit 25 %.[3]
Das Problem ist also weniger die Grundmiete, sonder eher die Verbrauchskosten. Die Nettomieten sind von 2008 zu 2012 um 1,3 %, die Nebenkosten um 5,6 % und die Kosten für Haushaltsenergie um 12, 8 % gestiegen. Die größten Steigerungen von 2008 zu 2012 sind bei den Strompreisen mit +20 % und bei Heizöl mit +16,4 % zu verzeichnen. Die Gaspreise gingen in diesem Zeitraum um 2,5 % zu-rück.
Verwendung privater Konsumausgaben für „Wohnen, Energie, Wohnungsinstandhaltung“
Private Haushalte mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von unter 900 Euro wendeten 2008 mit 45,3 % den größten Anteil ihrer Konsumausgaben für den Bereich Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung auf.[4]
Leider konnte die Geschäftsführerin der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Zittau mbH Frau Standke nicht anwesend sein. Da dieses Thema für die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften wie auch für die Mieter ein wichtiges Thema mit der entsprechenden Problematik ist, informierte Frau Standke bei einem Treffen vor dem 29. Oktober 2014 über die Einschätzung der Wohnungsbaugesellschaft Zittau mbH. Nach Aussagen der Mieter sei die Grundmiete angemessen, die Betriebskosten werden mittlerweile jedoch als zweite Miete angesehen.
Wie ihre Kollegin bei der WBG Weißwasser mahnt auch Frau Standke dringend eine Überarbeitung der Richtlinie für die Kosten der Unterkunft (KdU) an, die der Landkreis Görlitz zum Jahresende in Aussicht gestellt hat. Mit der darin festgeschriebenen Grundmiete und den kalten Betriebskosten können kaum noch Wohnung an Menschen die auf entsprechende Transferleistungen angewiesen sind, zur Verfügung gestellt werden. Mittlerweile machen Menschen, die auf die Übernahme der KdU durch Landkreis Görlitz angewiesen sind, mehr als 33 Prozent aller Mieter in der WBG Zittau aus. Deshalb ist eine Überarbeitung, der 2009 beschlossenen Richtlinie dringend geboten.
Um die sogenannte zweite Miete nicht explodieren zu lassen, investiere die WBG in ihre Wohnungen. Aufgrund der finanziellen Situationen vor Ort, können Mieterhöhungen jedoch nur bedingt vorgenommen werden – auch dies belaste die WBG.
Anwalt Gregor Janik, der seinen Schwerpunkt u.a. im Sozialrecht hat, erklärte den rechtlichen Rahmenbedingungen für Mieterhöhungen. Ebenfalls ging er in seinem Statement auf die eventuell drohende Pauschalisierung der KdU ein, was nach seiner Ansicht eine deutliche Verschlechterung für die darauf angewiesenen Mietparteien aber auch für die kommunalen Wohnungsgesellschaften bedeuten würde.
[1] http://www.sz-online.de/nachrichten/in-dresden-wird-am-besten-verdient-2924742.html
[2] http://www.sz-online.de/nachrichten/kreis-goerlitz-verhaengt-erneut-haushaltssperre-2907408.html
[3] Wohngeld- und Mietenbericht 2010 der Bundesregierung, DS 17/6280, S. 51
[4] StaLa, Ergebnisse der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2008
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